Die WEG-Jahresabrechnung ist das Finanz-Röntgenbild Ihrer Gemeinschaft: Sie zeigt, was reinkam, wofür Geld floss – und ob nachgezahlt werden muss. Hier erfahren Sie kompakt, was in eine ordentliche Abrechnung gehört, wie Sie sie in 15 Minuten prüfen, und wann Handlungsbedarf besteht. Mit Checklisten, Mini-Rechenbeispielen und Hamburg-Praxis.
Hinweis: Dieser Ratgeber ersetzt keine Rechtsberatung. Bei Streitfällen empfehlen wir eine Prüfung durch Fachanwälte.
Das gehört in eine ordentliche WEG-Jahresabrechnung
Zielbild: Eine übersichtliche Einnahmen-/Ausgaben-Rechnung (Gesamtabrechnung) plus Einzelabrechnungen je Einheit, verständlich ohne Fachwissen. Die Abrechnung muss aus sich heraus nachvollziehbar sein – ohne, dass man die Verwaltung fragen muss.
Wesentliche Bestandteile:
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Jahresgesamtabrechnung (Einnahmen & Ausgaben der Gemeinschaft, wirtschaftsjahrbezogen, IST-Zahlungen).
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Einzelabrechnungen je Sondereigentum mit klaren Verteilerschlüsseln (z. B. Miteigentumsanteile, qm, Nutzerzahl).
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Abrechnungsspitze je Einheit (Nachzahlung/Erstattung) – abgeleitet aus Einzelabrechnung vs. SOLL-Hausgeld laut Wirtschaftsplan.
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Erläuterungen/Legenden zu Abkürzungen & Schlüsseln (z. B. „BE-Schlüssel 1: MEA“).
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Vermögensbild der Gemeinschaft (separat zum Abrechnungswerk, z. B. Kontostände, Rücklagenstand, offene Posten).
Wichtig nach Reform: Beschlossen wird im Kern die Einforderung aus der Abrechnung (Abrechnungsspitzen/Anpassungen), nicht das gesamte Rechenwerk. Korrekturen bleiben möglich; der Verwalter muss fehlerhafte Abrechnungen korrigieren.
Quick-Check: 12 Punkte, mit denen Sie 80 % der Fehler finden
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Form & Zeitraum: Wirtschaftsjahr stimmt? Alle Seiten nummeriert, datiert, eindeutig zuordenbar.
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Gesamtabrechnung = IST: Nur tatsächlich geflossene Zahlungen – keine SOLL-Forderungen.
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Einzelabrechnungen: Jede Position hat einen Verteilerschlüssel; Summe aller Einzelabrechnungen = Gesamtabrechnung.
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Abrechnungsspitze: je Einheit sauber ausgewiesen (Nachzahlung / Guthaben).
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Schlüssel plausibel: Heizung/Warmwasser nach HeizkostenV, sonst MEA/ qm/ Nutzer – wie beschlossen.
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Kostenarten sauber: Keine Mischposten (z. B. Reparatur ≠ Wartung).
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Bankkonten: Hausgeld- und Rücklagenkonto getrennt; Kontostände zum 31.12. nachvollziehbar.
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Rücklagen: Zuführungen laut Wirtschaftsplan gebucht? Entnahmen dokumentiert?
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Einnahmen: Zinsen, Mieten (Gemeinschaftseigentum), Versicherungsleistungen enthalten.
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Offene Posten: Rückstände & Überzahlungen per 31.12. aufgeführt.
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Belegeinsicht: Ort/Termin/Prozess klar mitgeteilt; Belege vollständig verfügbar.
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Selbst erklärend: Kann ein fachfremder Eigentümer die Abrechnung ohne Nachfragen verstehen?
In 15 Minuten prüfen: Schritt-für-Schritt mit Beispielen
1. Deckblatt & Struktur (2 Min.)
Stimmt das Wirtschaftsjahr (z. B. 01.01.–31.12.2024)? Enthält das Heft: Gesamtabrechnung → Einzelabrechnungen → Erläuterungen?
2. Abgleich Wirtschaftsplan (3 Min.)
Beispiel: Plan „Allgemeinstrom“ 6.000 €; IST-Ausgabe 5.400 € → 600 € Unterverbrauch. Markieren Sie Abweichungen > 10 %.
3. Verteilerschlüssel (3 Min.)
Beispiel: Müllkosten 4.800 € nach Personen; Ihre Einheit gemeldet mit 2 Personen von 20 → 10 % Anteil → 480 € in Ihrer Einzelabrechnung? Passt die Zahl?
4. Abrechnungsspitze (5 Min.)
SOLL-Hausgeld laut Wirtschaftsplan: 300 €/Monat → 3.600 € p. a.
IST-Anteil laut Einzelabrechnung: 3.780 € → Nachzahlung 180 € (Abrechnungsspitze).
Tipp Hamburg: Große Anlagen (z. B. in Wandsbek) haben öfter Sonderfälle (Leerstand/SE-Wechsel). Prüfen Sie Datumsmeldungen.
5. Kontenblick (2 Min.)
Stimmen die Jahresend-Kontostände (Hausgeld, Rücklage) mit den Banken überein? Rücklage: Zuführung laut Plan gebucht? Entnahmen dokumentiert?
Typische Fehler – und was sie bedeuten
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SOLL/IST vermischt: In der Gesamtabrechnung dürfen nur IST-Zahlungen stehen; Forderungen gehören in die OP-Liste – sonst stimmt die Abrechnungsspitze nicht.
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Falscher Schlüssel: Heizung nach Fläche statt Verbrauch? → formeller Fehler, u. U. anfechtbar.
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Unplausible Abweichungen: Hausstrom +40 %, aber keine Erklärung → Nachfragen/Belegeinsicht.
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Kontentrennung fehlt: Rücklagen- und Bewirtschaftungskonto nicht getrennt → Alarm, Transparenzproblem.
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Nicht selbsterklärend: Wenn man ohne Erläuterungen nichts versteht, ist die Darstellung mangelhaft.
Praxis Hamburg: In Altbauten (Eimsbüttel/Altona) sind Posten wie Schornsteinfeger/Abgasmessung, Dachreparaturen und Trinkwasser-Prüfungen häufig erklärungsbedürftig – darauf achten.
Genehmigung, Einforderung, Korrekturen – in Klartext
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Beschlussinhalt: Eigentümer beschließen die Einforderung (Nachschüsse/Anpassungen aus den Einzelabrechnungen).
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Zahlung trotz Anfechtung: Nachschüsse sind trotz Anfechtung zunächst fällig, bis ein Gericht den Beschluss kippt.
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Korrekturpflicht: Bei Fehlern muss die Verwaltung korrigieren und neu vorlegen; das Rechenwerk kann sachlich berichtigt werden.
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Bestandteile, die oft separat laufen: Vermögensstatus (Vermögensbericht), Rücklagenstand, OP-Listen. Diese helfen bei der Bewertung, sind aber nicht zwingend Beschlussgegenstand.
Sonderfälle & Hamburg-Tipps
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Eigentümerwechsel: Abrechnungsspitze wird grundsätzlich mit dem zum Beschlusszeitpunkt eingetragenen Eigentümer abgerechnet (interne Regelungen im Kaufvertrag möglich).
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Fernwärme/Quartiere (z. B. Hafencity): Achten Sie auf korrekte Aufteilung über mehrere Gebäude/Objektsegmente.
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Große Gemeinschaften (Mitte, Wandsbek): Vorab-Q&A als Online-Termin spart Diskussion in der Versammlung.
Wenn etwas nicht passt: so gehen Sie vor
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Belegeinsicht vereinbaren (digital oder vor Ort).
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Fragenliste an die Verwaltung (konkret, mit Belegstellen).
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Beschluss anfechten (Fristen!). Parallel Nachschüsse leisten, um Mahnkosten zu vermeiden.
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Korrektur/Neuvorlage verlangen; bei systematischen Mängeln Pflichtverletzung prüfen.
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Wenn Vertrauen nachhaltig gestört ist: Wechsel fair und geordnet planen → Hausverwaltung wechseln.
Mehr zu unserer Arbeitsweise: WEG-Verwaltung. Direkt sprechen? Kontakt.
Muster: Tagesordnung & Fragen an die Verwaltung
TOP „Jahresabrechnung 2024“ – Beschlussvorschlag
„Die Wohnungseigentümer beschließen die Einforderung der sich aus den Einzelabrechnungen ergebenden Abrechnungsspitzen zum 01.09.2025.“
Fragenliste (Auszug):
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Welche Verteilerschlüssel wurden je Kostenart angewandt und wo wurden sie beschlossen?
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Wie erklären sich Abweichungen > 10 % zum Wirtschaftsplan?
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Kontostände per 31.12. (Hausgeld/Rücklage) – Banknachweise?
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OP-Liste per 31.12. (Rückstände/Überzahlungen) – Maßnahmenplan?
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Wurde die Rücklage gemäß Wirtschaftsplan zugeführt; welche Entnahmen gab es?
FAQ
Was ist der Unterschied zwischen Gesamtabrechnung und Einzelabrechnung?
Die Gesamtabrechnung zeigt alle IST-Zahlungen der Gemeinschaft. Die Einzelabrechnung verteilt diese Kosten auf jede Einheit nach den vereinbarten Schlüsseln – daraus ergibt sich Ihre Abrechnungsspitze (Nachzahlung/Erstattung).
Was genau wird in der Versammlung beschlossen?
Nicht das Rechenwerk als Ganzes, sondern die Einforderung der aus den Einzelabrechnungen resultierenden Nachschüsse/Anpassungen (Abrechnungsspitzen).
Muss ich trotz Anfechtung zahlen?
Ja. Nachschüsse bleiben fällig, bis ein Gericht den Beschluss aufhebt. Sonst riskieren Sie Mahnkosten.
Welche Fristen gelten für eine Anfechtung?
Ein Monat für die Klageerhebung, zwei Monate für die Begründung – ab Beschlussfassung.
Welche Unterlagen darf ich zur Prüfung sehen?
Alle Belege zur Abrechnung (Rechnungen, Verträge, Banknachweise), Verteilerschlüssel und OP-Listen; die Einsicht muss zumutbar ermöglicht werden.
Wie prüfe ich die Abrechnung am schnellsten?
In dieser Reihenfolge: Zeitraum & Aufbau → Abgleich mit Wirtschaftsplan → Schlüssel prüfen → Abrechnungsspitze nachrechnen → Kontostände → offene Posten.
Wie wird die Rücklage dargestellt?
Der Rücklagenstand ist Teil des Vermögensbilds/-berichts; Zuführungen/Entnahmen sollten nachvollziehbar dokumentiert sein.
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Quellen (Auswahl)
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WEG-Reform: Jahresabrechnung/Einforderung, Grundzüge & Folgen. Haufe „WEG-Reform 2020 gilt seit 1.12.“ Haufe.de News und Fachwissen
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Pflicht & Maßstab der Abrechnung, Verständlichkeit, EÜR-Charakter. Haufe „Jahresabrechnung (WEMoG)“ (aktualisiert) Haufe.de News und Fachwissen
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Zwingende Bestandteile (Gesamt/Einzel), Darstellung. Haufe „Bestandteile der Jahresabrechnung“ Haufe.de News und Fachwissen
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Anforderungen an Verständlichkeit & Vermögensbild. VDIV-Beitrag (Fachaufsatz) VDIV
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BGH 16.06.2023 – Pflicht zur Korrektur/Neuvorlage. (V ZR 251/21) Juris Bundesgerichtshof
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Genehmigung/Einforderung & Praxis nach WEMoG. Haufe „BGH: Genehmigung der ‚Jahresabrechnung‘ ist gültig“ (2024) Haufe.de News und Fachwissen
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Instandhaltungs-/Erhaltungsrücklage, Darstellung & Einordnung. Haus & Grund – „Vorgaben an den Inhalt“; Haufe „Darstellung der Erhaltungsrücklage“ Haus & Grund RW Haufe.de News und Fachwissen
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Abrechnungsspitze – Orientierungshilfe – Abrechnungsspitze bei einem Eigentümerwechsel – Wer zahlt?
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Anfechtungsfristen nach § 45 WEG – Gesetz & Praxis. gesetze-im-internet; Haufe Gesetze im Internet Haufe.de News und Fachwissen